Schönberg's Violinkonzert für Köln
Abstract
In dieser kurzen Werkeinführung – vermutlich für eine Übertragung des Violinkonzerts von Arnold Schönberg, op. 36 im Radioprogramm des WDR im Jahr 1963 – erläutert Ernst Krenek die Umsetzung der Zwölftontechnik in diesem Werk. Mit mehreren Hörbeispielen demonstriert er die verwendeten Tonreihen und deren Modifikationen und wie sich aus diesem musikalischen Material unterschiedliche Charaktere gewinnen lassen. Er beendet seine Ausführungen mit einer kurzen Beschreibung der formalen Aspekte des dreisätzigen Werks.
,Schönberg
fürViolinkonzert
Wie bei den meisten späteren Werken von Bekanntlich beruht diese Technik darauf, daß der Kompo-
nist seinem Werke ein gewisse Anordnung der zwölf verschiedenen
Töne unserer chromatischen Skala zugrunde legt und dann
aus dieser Zwölftonreihe die gesamte Struktur der Komposition,
ihre Melodien, Akkorde, Themen u.s.w. entwickelt. In so kom-
plexen Werken wie dem vorliegenden Konzert ist es nicht immer
ganz leicht, die zugrundeliegende Zwölftonreihe sogleich aufzu-
finden. Um sie deutlich zu Gehör zu bringen, wählen wir zu-
nächst eine Stelle aus der Kadenz des ersten Satzes, wo die
Solovioline eine geraume Zeit allein, ohne Begleitung, spielt.
Die Reihe tritt hier in zwei aufeinanderfolgenden Phrasen
von identischer rhythmischer Beschaffenheit
Wir können die Reihe ebenfalls deutlich wahrnehmen
in der langgestreckten Melodie, mit der die Sologeige
den zweiten Satz eröffnet, allerdings hier mit orchestraler
Begleitung. Die Reihe erscheint hier in einer abge-
wandelten Form, Wenn Sie sich
der Originalreihe zu tun. Fast alle Töne der Reihe werden
mehrfach wiederholt, die letzten drei Töne zweimal als Gruppe
und die letzten zwei viermal, wodurch sich der weitausgespon-
nene Bogen dieser Melodie ergibt. In der Begleitung er-
scheint wiederum die Originalreihe, ebenfalls auf einer neuen
Tonstufe, doch läßt sich das nicht leicht ausnehmen, da jeweils
Nun noch ein paar Worte zur Form des Werkes. Der erste Satz hat gewisser Züge, die der klassischen Sonatenform
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verwandt sind, ohne dieser im Detail zu folgen. Man
kann zwei einigermaßen kontrastierende thema-
tische Charaktere unterscheiden. Hier ist das erste
Thema, von dem Sie den Anfang schon gehört haben.
(T. 1 - 23) Das zweite Thema wird von den Or-
chestergeigen getragen (T. 61-67). Wie meist in
der Zwölftonmusik, werden auch hier diese Themen
stets sogleich den von den Klassikern her bekannten
Durchführungsprozessen unterworfen. An Stelle
des eigentlichen Durchführungsteiles haben wir einen
scherzo-artigen Abschnitt von kontrastierendem
Charakter und Rhythmus (T. 93-108)
Der zweite Satz ist eine Art Rondo. Dem ersten
Gedanken, den wir schon gehört haben, folgt ein
zweiter von mehr leidenschaftlichem Charakter ()
Nach einer ziemlich bewegten Episode wird das
erste Thema kurz berührt. Der leidenschaftliche
Teil kommt wieder und der Satz klingt mit
dem ersten Thema aus.
Auch der letzte Satz ist ein Rondo, dessen
Hauptthema wir schon zitiert haben. Die mit
ihm alternierenden Abschnitte sind wiederum
nicht so sehr kontrastierende Themen als durch-
führungsartige Abwandlungen des früheren
Materials. Besonders in diesem Satz ist die
eigentümlich strahlende Orchestration zu beobachten,
die dem ganzen Werk etwas wie einen Gold-
grund verleiht. Besonders eindrucksvoll ist die
Coda, in welcher nach einer langen, spärlich
begleiteten Kadenz der Sologeige plötzlich das
volle Orchester mit einem starken Schlagwerk-
effekt einbricht und das Hauptthema zum
letzten Mal vorträgt. (T. 711-Schluß)