Happy Birthday, Arnold Schönberg!

Wir statteten auch Schönberg in Mödling einen Besuch ab. Ich war im Jahr zuvor das erste Mal dort gewesen, und damals war es ein schönes Stück Arbeit gewesen, in die unmittelbare Nähe des großen Mannes durchzudringen, denn er war unbekannten Besuchern gegenüber sehr mißtrauisch. Als mir in den Sinn kam, daß ich von einem Gespräch mit Schönberg profitieren könnte, waren etliche Telefonate mit Mittelsmännern, Mitgliedern seines inneren Kreises und seiner Leibwache nötig. Als ich schließlich vorgelassen wurde, fand ich ihn allein in seinem Arbeitszimmer in einer bescheidenen Vorstadtwohnung, und er war offensichtlich bemüht, den Besuch kurz zu halten, indem er behauptete, er habe schreckliche Zahnschmerzen. Ich ließ mich jedoch nicht so leicht abwimmeln und bemerkte sinngemäß, ich hielte Schubert für einen bedeutenderen Komponisten als Beethoven. Das war zwar vielleicht nicht ganz genau meine Meinung, aber es deckte sich doch soweit mit meinen Überzeugungen, daß es als Herausforderung dienen konnte, und das tat es auch. Schönberg vergaß seine Zahnschmerzen und versuchte, mein Urteil zu entkräften. […] Unser Gespräch dauerte etwa zwei Stunden. An weitere Einzelheiten kann ich mich nicht erinnern, aber ich gewann von Schönberg den Eindruck, daß er einen recht außergewöhnlichen Verstand besaß, der beständig sehr anregende und oft verblüffende Gedanken hervorbrachte, daß er in seiner Denkweise aber gleichzeitig sehr rechthaberisch und starr sein konnte […].