Schubert. Winterreise

Abstract

Der kurze Text – vermutlich als Einleitung zu einer in einem Hannover Radio-Studio aufgezeichneten Sendung des NDR – liest sich wie eine kunstvolle, mit vielen Sprachspielen durchsetzte Metapher zu Kreneks Emigration. Es werden Passagen aus Schuberts Liederzyklus „Die Winterreise“ zitiert und paraphrasiert und anknüpfend an das letzte Lied im Zyklus – „Der Leiermann“ endet Krenek mit der lapidaren Feststellung: „Gerne fortgegangen ist er immerhin nicht.“

    Schubert, Winterreise, f. Radio Hannover lect

    Das Wandern mag des Müllers Lust ge- wesen sein. Dem früh Ergreisten ist das Reisen eine Last. Er fürchtet weder Abschied noch Ankunft, denn was ihn von dort vertrieb, scheint viel schlimmer als was ihn hier erwartet, ja was er zu finden hofft. Daß die Heimstätte, zu der der Reisende zurückkehrt, ein Symbol der Grabstätte ist, in der er bleiben wird, schreckt ihn nicht - denn dort wollte er ja hin. Es ist ihm nicht vergönnt: die endlose Melodie des Leiermanns treibt den Reisenden zurück in das sinnlos bewegte Element. Daß die Winterreise des Verzweifelten weder im Himmel der Verklärung Erlösung, noch in der Hölle der Ver- nichtung, ja nicht einmal im Nirwana des Grabes endet, ist ihm bringt sie wie unserer ebenso hartgesottenen wie zartbe zartnervigen Bewußtseinslage nahe. Daß dem Winter dieses un- sagbar verklärten Mißvergnügens ein unerbittlich realer Frühling folgen dürfte, ist ärger als alles.

    Gerne fortgegangen ist er immerhin nicht.

    Autor

    Ernst Krenek

    Titel

    Schubert. Winterreise

    Untertitel

    [Vortrag] für [eine Sendund des] Radio Hannover

    Sprache

    de

    Material

    Papier

    Seiten

    1

    Signatur

    LM-184

    Edition

    Digitale Edition in der Erstfassung 2024

    Lizenz

    CC BY-NC-ND 4.0

    Herausgeberin

    Ernst-Krenek-Institut-Privatstiftung

    Bearbeiter

    Till Jonas Umbach

    Fördergeber

    Bundesministerium für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport

    Schlagwörter

    Winterreise, Liederzyklus
    Back to Top