Sonne, Kakteen und Berge
Die beschauliche Wüstenstadt Palm Springs im südlichen Kalifornien hat seit den 1930er Jahren unzählige Schauspieler, Künstler, Architekten, Designer und Musiker angezogen. Nur knappe 2 Autostunden von Los Angeles entfernt wurde sie zu einem beliebten Rückzugs- und Ferienort der High Society. Frank Sinatra, Marilyn Monroe oder Elvis Presley residierten in der Kleinstadt zu Füßen der Santa-Rosa-Berge. Und ab 1966 auch Ernst und Gladys Krenek, die sich am westlichen Rand der Kleinstadt im Caochella Desert Valley ein kleines Haus mit Blick auf die umliegenden Gebirgszüge kauften.
Die Architektur in Palm Springs ist geprägt vom Mid-Century-Modern-Stil, der als Amerikanische Nachkriegs-Interpretation des Bauhaus-Stils insbesondere im Großraum Los Angeles Verbreitung gefunden hat. In der Gestaltung von Gebäuden und Möbel führte die auf Funktionalität bedacht Kombination von Schlichtheit und Eleganz zu auch heute noch ansprechenden Formen. Die für den Stil durchaus typische offene Bauweise mit großzügigen Glasflächen erlaubt im Haus der Kreneks in drei Richtungen einen großflächigen Blick auf den umgebenden Wüstengarten mit Palmen, Zitrusfrüchten und Kakteen.
Das Innere des Hauses lässt auch mehr als ein Vierteljahrhundert nach Kreneks Tod noch recht anschaulich erahnen, wie das Ehepaar im Vierteljahrhundert davor im Haus lebte und arbeitete.
Bewohnbare Zeitkapsel
Obwohl schon mehrfach vor und nach dem Tod von Gladys Krenek umfangreich Materialien dem Archiv der Ernst Krenek Institut Privatstiftung übergeben wurden, kann man im einst von Ernst und Gladys bewohnten Haus auch bei einem Besuch 2019 noch reichhaltig Spuren der ehemaligen Bewohner erkennen. Die offenbar von der Mentalität der Kreneks getragene Einstellung nichts wegzuwerfen hat zu einer aus heutiger Sicht applaudierenswerten Nachhaltigkeitspraxis geführt, und zu einem immer noch authentischen Ambiente der Wohnsituation des Komponistenehepaares. (Andererseits natürlich auch zu einer archivarisch kaum zu bewältigenden Menge an Materialien ohne unmittelbaren Erkenntniswert.)
Sehr sprechende Eindrücke vermitteln der in tadellosem Zustand gehaltene Herd und andere Küchen- und Haushaltsgeräte, die problemlos als Kulisse eines Hollywood-Films der 1960er Jahre verwendet werden könnten. Oder ein Strickzeug mit Strickmuster für Kleider aus einem Magazin derselben Zeit. Die praktisch jede Sitzgelegenheit begleitenden Zeitschriften-Ständer boten reichlichen Platz für die Ablage dieser und ähnlicher Zeitschriften.
In Kreneks Studio, in dem ehemals sein Buchla-Synthesizer und Tonband-Equipment stand, findet man neben einer ausgeklügelten Steckplatine, um diverse Audio-Gerätschaften zu verbinden, auch gerahmte Porträt-Fotos von Schönberg, Webern, Strawinsky und Kraus. Außerdem eine kleine Österreichfahne und – wie überall im Haus – Poster und Ansichtskarten mit Berglandschaften und biblischen Motiven.
Die umfangreiche Rezeptsammlung und mehrere englisch-sprachige Bücher über „Austrian Kitchen“ können eine eigene Geschichte von Genuss und kulinarischer Heimatverbundenheit erzählen.
Der Bösendorfer-Flügel, für den Krenek von der österreichischen Firma eine Bestätigung erhielt, dass es tatsächlich der erste in Palm Springs war, ist auch heute noch in ausgezeichnetem Zustand.
In dieser Mischung von Musik und Kulinarik, Verbundenheit mit Österreich kombiniert mit amerikanischem Lifestyle, Gebirgspanorama in kalifornischem Wüstenklima spiegelt sich Krenek in so vielfacher Weise, dass das Haus tatsächlich eine Art Begegnung mit dem Komponisten ermöglicht.