Jo(h)nny aus der Schachtel
Bis 2016 konnte man sie noch kaufen ... die österreichischen Johnny Zigaretten im markanten Jeans-Hosentaschen-Design. Als das auf jüngere Zielgruppen abgestimmte Design im Jahr 1978 eingeführt wurde, korrigierte man auch die bislang aufrechterhaltene, ungewöhnliche Schreibweise von „Jonny“. Zu dem Zeitpunkt war schon längst in Vergessenheit geraten, dass sich 50 Jahre zuvor die österreichische Tabakregie bei der Gründung der Marke ganz deutlich auf Kreneks Opernsensation „Jonny spielt auf“ bezog. Wie die Opernfigur Jonny war auch die gleichnamige Zigarette ein Symbol für Amerika: Als „österreichische Zigarette amerikanischer Art“ wurde sie beworben und unterschied sich damit von Marken wie Nil, Memphis, Egyptische III und Jussuf, die assoziativ auf den verwendeten und seit dem späten 19. Jahrhundert populären „orientalischen“ Tabak verwiesen.
Die Beziehung zwischen einer Zigarettenmarke und einer Oper ist dabei gar nicht so ungewöhnlich, wie man vermuten könnte. Alternativ zur Jonny konnte man die Aromen von Rosenkavalier und Heliane inhalieren. Auch Drama, Gala, und Melody ließen Erinnerungen an die Bühne, Opernbesuche und Musik aufkommen, wobei dies noch durch die Aufmachung der Zigarettenschachteln verstärkt wurde: In den Innenseiten zeigten diese unter anderem Bilder der Wiener Staatsoper oder Opernstars.
Vergleichbar mit vielen anderen Produkten verließ man sich Ende der 1920er auch im Design und Werbung von Zigarettenmarken gerne auf die Kreativität junger Künstler. Das Design der engen, blau-roten Streifen der Jonny-Zigarettenschachteln wurde vom jungen Architekten Oswald Haerdtl (1899-1959) gestaltet, der an der Wiener Kunstgewerbeschule auch bei Josef Frank (1885-1967) Vorlesungen hörte, jenem Architekten, der (zusammen mit Oskar Wlach (1881-1963)) die Möbel in Kreneks Wiener Wohnung gestaltete.
Nach dem Anschluss Österreichs an des Deutsche Reich wurde 1939 die seit 1784 bestehende österreichische Tabakregie in die Austria Tabak Aktiengesellschaft umgewandelt. Alleiniger Aktionär war das Deutsche Reich. Dies produziert ein recht auffallend ironisches Aufeinandertreffen: Im selben Jahr, als Hans Severus Ziegler (1893-1978) seine Ausstellung „Entartete Musik“ mit der markanten Jonny-Figur am Plakat präsentierte, konnte die nach der Ikone der „entarteten Musik“ benannte Zigarette, weiterhin unverändert verkauft werden – mit Hakenkreuzprägung auf der Steuerbanderole.
Man kann sich also heute nicht mehr die Lungen mit Jonny füllen. Dafür aber – ohne negative gesundheitliche Konsequenzen – die Ohren: Am 11. März hat die neue Produktion von „Jonny spielt auf“ am Gärtnerplatztheater in München Premiere, wo es erstmals 1928 gespielt wurde – gerade rechtzeitig zur Markteinführung der Jonny.
Wussten Sie, dass das Ernst Krenek Institut am Campus Krems in einer ehemaligen Tabakfabrik untergebracht ist?
Einblicke in die Geschichte des Standorts gibt der aktuelle Artikel „Von der Virginier zur Weiterbildung“ des neuen Online-Magazins „Art & Science Krems“!