Aus Lothar Knessls Führer durch Ernst Kreneks Bühnenwerke
Bluff
Operette in 3 Akten (Fragment), op. 36 (1925)
Text
Vorlage (englisch): George Gribble, deutsche Bearbeitung Carl von Levetzow
Verlag / Rechte
Manuskript (in der Wienbibliothek, Mhc 10377), nicht verlegt: Entwurf für Klavier, Solisten und Chor; alle Gesangsnummern, einzelne Hinweise auf Sprechszenen, wenige Instrumentierungsanmerkungen in der Klavierstimme. Das Libretto ist nicht überliefert.
Besetzung
Zena, Eleanor, Bessie, Harry, Dick, Toby, McGregor, Jim;
(Alte Jungfer, Schreier, Dicker, Duncan, Laird – diese Rollen kommen nur in einzelnen Nummern vor.)
Themenkreise
Liebe, Treue, gewollte und ungewollte Eheschließungen
Entstehung
Aus der Korrespondenz mit der Universal Edition und den Eltern rekonstruierbar: Im Oktober 1923 bat Krenek Emil Hertzka, den Direktor der Universal Edition, um Unterstützung bei seinen Plänen eine Operette zu schreiben. Hertzka möge ihm ein Libretto eines namhaften Autors verfügbar machen. Nach Kreneks Ablehnung der „Märchennacht“ von Julius Wilhelm sandte ihm Hertzka im März 1924 „Bluff“ von George Dunning Gribble (1882-1956), das ihm „durchaus“ zusagte. Weitere Vorschläge von Karl von Levetzow und Julius Bauer blieben unberücksichtigt. (Levetzow wurde allerdings als Übersetzer und Bearbeiter des englischen Gribble-Librettos engagiert.) Krenek begann die Arbeit an Bluff im Herbst 1924 und beendete sie im Frühjahr 1925. Das Projekt geriet danach ins Stocken, und Krenek, konfrontiert mit Änderungsvorschlägen, verlor das Interesse.
Zeit / Ort der Handlung
Schottland, Gegenwart
Inhalt
Die Texte der Gesangsnummern lassen vermuten, dass es sich um eine Komödie über die Themen Liebe, Treue und gewollte wie ungewollte Eheschließungen handelt. Der Ort der Handlung, das süd-schottische Gretna Green, spielt eine wesentliche Rolle. Er wurde aufgrund der schottischen Eheschließungsgesetze zu einem beliebten Fluchtpunkt für Paare, denen das Heiraten in England wegen der dort strengeren Gesetze unmöglich war. Die während der Handlung entstandenen Konflikte werden unter Berufung auf den „ewigen“, weltumspannenden Bluff gelöst. Eingeflochten in die Handlung sind Transport- und Kommunikationsmittel (Zug, Automobil, Zeppelin, Telefon), Glücksspiel, Inflation und Emanzipation. Vieles davon findet sich in der kurz darauf entstandenen Oper „Jonny spielt auf“ wieder, wodurch die Operette quasi als aufgegebene Vorstudie erscheint, von der Krenek einige Ideen in „Jonny“ realisierte.
Musik
Da lediglich eine sicher weit fortgeschrittene Klavierfassung vorliegt, kann die Musik nur in ihren Grundzügen charakterisiert werden. Dennoch erweist sich Krenek als meisterlicher Handwerker. Die Gesangsnummern zeigen eine genretypische Idiomatik kombiniert mit Kreneks Musiksprache dieser Jahre, abseits von Epigonentum. Er selbst beschrieb die Musik als „Mischung aus deutscher komischer Oper, Offenbach, amerikanischem Jazz und Wiener Schmalz.“ Einzelne Instrumentationshinweise sehen die Verwendung von Dudelsäcken vor, wodurch offenbar der Ort der Handlung auch durch diese Instrumente musikalisch versinnbildlicht werden soll.