O Lacrimosa, op. 48, Nr. 2, Nichts als ein Atemzug
Ernst Krenek (1900 - 1991) / Text: Rainer Maria Rilke
"Eine ganze Weile wußte ich nicht, was ich mit den schönen, etwas rätselhaften Gedichten anfangen sollte," gestand Ernst Krenek. 1924 lernte der Komponist den berühmten Dichter Rainer Maria Rilke kennen. Rilke widmete Krenek daraufhin drei Gedichte mit dem Titel "O Lacrimosa", was so viel heißt wie "O Tränenreiche".
Wie so oft in Gedichten werden intensive Erlebnisse in wenigen Worten ausgedrückt. Es geht um den Atemzug, der einen kurzen Moment bedeutet und gleichzeitig viel Lebendigkeit in sich trägt: wie das Betrachten eines Baumes, zum Beispiel. Welche Momente sind für dich besonders?
Das Rätselhafte dieses Textes ist auch in der Musik spürbar. Das Klavier stellt zu Beginn allein Fragen in den Raum, bis sich die sehr hohe Singstimme wie ein Vogel darüber hinwegbewegt.
Nichts als ein Atemzug ist das Leere, und jenes
grüne Gefülltsein der schönen
Bäume: ein Atemzug!
Wir, die Angeatmeten noch,
heute noch Angeatmeten, zählen
diese, der Erde, langsame Atmung,
deren Eile wir sind.